Sonntag, 9. August 2015

Iacta alea est

Sie sitzt da mit den Nachrichten von vielleicht vor zwei Jahren, irgendwann aus der Tonne für Altpapier geholt. Ein Schatz, denn darin steht die ewigen Wahrheiten und die Stimmen die sie zuhören, die sie preisen, die sie beruhigen. Wenn sie ihre Laute leise ausstößt, ein paar Wörter hinlispelt, lesen die Stimme ihre Wörter und antworten teilnehmend darauf. Ihr Fuß bewegt sich ständig. Sie trägt Schuhe, die meinen ähneln, nur die ihrigen sind weiß; meine sind schwarz. 

Ich habe sie öfters gesehen. Sie sitzt zum zweiten Mal neben mir und doch nicht. Ich bin ein Stein, sie eine Abenteuerin auf einer Reise deren Richtung nur sie und die Stimmen der veralteten Nachrichten zu bestimmen wissen. 

Ein Foto hat sie auch dabei, meine Zwillingschwester. Hat sie auch das Tor der Kirche mit seinem grauenhaften Gitterwerk fotografiert? Welche dämonischen Zeichen hat sie da gesehen? 

Als sie vor einem Monat in der Kirche war und die vergegenwärtigte Musik von Bach und Reger mit uns, neben mir, lauschte, was hat sie aus den Tönen der Orgel gehört? Sie ist früh gegangen, aber nicht ohne sich mehrmals zu bekreuzigen und ihrem Flüstern Raum und Publikum zu schenken. 

Ich möchte fröhliche Blumen kaufen und sie damit beschenken.  Aber ich weiß nicht, ob sie sie auf den Boden werfen würde. 

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