Mittwoch, 26. Dezember 2012

Well said

le temps

Quel temps fait-il?

White Christmas in Dallas, Texas. Feels like -11C.
About the same in Toronto.
Munich at +20C, Badewetter.
I needn't mention Russia.

"What serious disequilibria will occur, what global change must be expected in the whole climate from our growing industrial activities and technological prowess, which pour thousands of tons of carbon monoxide and other toxic wastes into the atmosphere? As of now we don't know how to estimate general transformations on such a scale of size and complexity. Above all, we surely don't know how to think about the relations between time and weather, temps and temps: a single French word for two seemingly disparate realities. For do we know a richer and more complete model of global change, of equilibria and their attractors, than that of climate and the atmosphere? We are trapped in a vicious circle." -- Michel Serres. The Natural Contract

Two videos:

Donnerstag, 20. Dezember 2012

adecvat

Bun îi vinul ghiurghiuliu
Hello
we said one after the other
and that was all that was necessary

Dienstag, 18. Dezember 2012

Das Buch Kohelet tönt fort

Allmittelst geht und rennt und saust das Leben hin -- Herr Gott! bedenkt man's recht, es mocht' einem der Angstschweiß ausbrechen!

Das bürgerliche Leben -- gibt es so was Spezifisches? -- scheint immer von einem solchen Winkel geleuchtet zu sein, dass die Schatten unmeßbar tief das Gegenbild andeuten. Wie passend, dass die Marschallin über das sonderbar Ding -- die Zeit -- so schön nachsinnt. Und kein Wunder, dass es Mörikes Mozart allmählich bewußter wird, wie die Zeit ihn mitreißt, während er sie vergeudet hatte, oder über sie reflektiert -- ein Luxus, die Reflektion, aber zugleich eine Folge der Vorstellung der unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Ward ich denn je nur meiner Kinder ein volles Stündchen froh? Wie halb ist das bei mir, und immer en passant!

Der Mensch ist unterwegs, en passant. Er flattert wie ein lebensfreudiges Wesen, der aber stets begleitet ist von seinem Tod, sich auf sein Gespensterwesen vorbereitend. Seine Gesundheit wurde heimlich angegriffen [...] und so die Ahnung eines frühzeitigen Todes, die ihn zuletzt auf Schritt und Tritt begleitete, unvermeidlich erfüllt.

Das Barock durchgeistert sein Leben, seine Kunst, seine Umgebung. Auch seine Pierrot-Maske scheint von dem Tod entfärbt zu sein.  Und die alten Stichwörter des Lebens bzw. des Todes gelten noch: memento mori  -- autem -- carpe diem -- et aussi --  vanitas, vanitas, vanitas. 


Der Dichter erntete rauschenden Beifall, und gern verzieh man die barocke Wendung ...

Es muss doch wahr sein, was ich immer hörte [...] dass sich unter der Sonne nichts Neues begibt!
Mein zweimal verlassenes Fahrrad ist nicht mehr mein Fahrrad. Ich habe es entbunden. Ironisch, das es kaum noch bewegungsfähig ist. Frei zu rosten und rasten, es sei denn jemand eine Gelegenheit sieht und ergreift und fesselt das Ding noch einmal und ihm das Leben einhaucht.

Sonntag, 16. Dezember 2012

Frontalunterricht macht klug

Interesting article. I've always been a bit skeptical towards 'innovative', 'freer' teaching methods (in my experience as both a learner and an instructor, it leads to confusion rather than constructive learning), and while I value movable chairs, I worry there's too little emphasis placed on demonstration these days. It's a bit old fashioned, but some older methodologies do work better.

Frontalunterricht macht klug

Freitag, 14. Dezember 2012

Begegnungen

"Allein einsamen Begegnungen ist etwas sehr Süßes beigemengt, und wäre es nur die Begegnung mit einem einsam stehenden großen Baum, oder die Begegnung mit einem Tier des Waldes, das lautlos anhält und aus dem Dunkel her auf uns äugt. Mich dünkt, es ist nicht die Umarmbung, sondern die Begegnung die eigentliche entscheidende erotische Pantomime. Es ist in keinem Augenblick das Sinnliche so seelenhaft, das Seelenhafte so sinnlich, als in der Begegnung." HvH, Wege und Begegnungen 1907.


"Man suche den Sinn der Beziehung nicht zu entkräften: Beziehung ist Gegenseitigkeit. So hätte er denn ein Bewußtsein, der Baum, dem unsern ähnlich? Ich erfahre es nicht. Aber wollt ihr wieder, weil es euch an euch geglückt scheint, das Unzerlegbare zerlegen? Mir begegnet keine Seele des Baums und keine Dryade, sondern er selber." MB, Ich und Du, 1935.



Donnerstag, 13. Dezember 2012

Gedankenfolgend

Diese zwei Worte blühten: "Mir nach" -- ich weiß nicht, woher sie kamen. Auserlesene Worte: tolle, lege. Legere -- heißt lesen, aber auch auswählen (denn Augustinus musste letztendlich eine Entscheidung treffen). Auslesen. Auserlesen. Aber diese Worte wurden nicht herausgelesen, sondern herausgehört, leise aber, wie Gedankenfragmente.

Als Englisch-Muttersprachlerin --- Deutsch ist meine gelegentlich auserwählte Sprache -- schaffe ich manche Sprachfehler (zwar auch im Englischen), die mir nach zwanzig Sekunden klar und leiselächerlich erscheinen, kreativ sogar. Heute: Wasserfest? Nein, Wasserdicht, meinte ich. Der Wechsel von draußen und drinnen. Am Dienstag, aber! Zwei Stunden Singen, ein Schlücken Wein, und dann das inspirierte Wort: "Erinnerungsfratzen" -- Erinnerungsfetzen habe ich natürlich gemeint, aber "Erinnerungsfratzen" ist als Begriff doch nicht weit von der Wahrheit entfernt. Ja: Leise aber, wie Gedankenfratzen. Oder sogar Gedankenlarven -- ich mag dieses ältere Wort für Maske. Bonaventuras fetzen-fratzenhafte Larven.

Vielleicht liegt es an dem Symposium am Wochenende, an der Diskussion des Deformer in der modernen Kunst. Grotesk: Ein Wort mit noch anderen Gedanken verziert, verzerrt -- ich hoffe auch: verziehen -- die auch ab und zu ihre hässliche Fratze zeigt (vielleicht noch verlachend, verhöhnend, verspeiend). Und die mythologischen Figuren, der Reihe nach, dir nach, fallen um und in die Geschichte hinein, mir nach: Orpheus, Dionysos Zagreus, die Zerrissenen.

Da könnte man auch Holofernes oder Johannes den Täufer miteinreihen -- nach Gustave Moreau, zum Beispiel:


(Orphée, 1865)



Übrigens, das Grüne am Rock ...


vicissitudes

Since I am in Germany this month, I decided to take a look at the exchange rate. This morning it looks something like this: 1.00 EUR = 1.28823 CAD. These numbers look awfully familiar to me. Of course they do. When I first moved to Canada in 2004, this was the CAD/USD exchange rate (approximately).  I feel like a strange economic circle has been traced.
Of course it's always about change. 

Dienstag, 4. Dezember 2012

oh look!

Some good soul has uploaded Sans Soleil.

Il m'écrivait: "J'aurai passé ma vie  à m'interroger sur la fonction du souvenir, qui n'est pas le contraire de l'oubli, plutôt son envers. On ne souvient pas, on récrit la mémoire comme on récrit l'histoire. Comment se souvenir de la soif?"

White I have not yet seen. But this clip: I know it. I suppose the discovery of cultural connections is only surprising to the neophyte; like the birthday of a child you've only known a little while. How wonderful it is, how meaningful. The newly-converted must feel this too -- this privileged insight into the intricate and important melodies that string a hand gesture to the respectful, bashful sinking eyes.

I will learn to play some version of this on the clarinet one day. The tune is not too difficult. It's rather in the execution. But here the record skips with the shock of letters, officially sincere, en masse.
Execution. I don't know whether I can play this.
And the most charming tip of the hat won't help. And breath across a reed won't inspire life. But to go through the motions, that is something at least.

Montag, 3. Dezember 2012

Man muss das Tiefe verstecken. Wo? An der Oberfläche!

A confession: I've always wanted to be able to pull off Juliette Binoche's hairstyle in the movie Bleu -- I think the first time it caught my eye was when I wandered by the pathetically small 'foreign film' section of the Blockbuster (are they still around?) near the house I grew up in. Maybe about 15 years ago? I watched the film many years later, and it is still one of my favourites, though not because of the haircut.

But, to my mind, this makes Juliette Binoche even more impressive.



Samstag, 1. Dezember 2012

Willenlosigkeit war es nicht. Nicht, dass wir nicht kämpfen wollten -- nein. Wir wollten aber auch Schönheit bewahren -- lebendig halten, verwandeln lassen, sich in die Höhe oder auch in die Hölle schrauben und dann zurück sich an uns wenden lassen, neugefärbt und neugeformt. Wie I. sagt: Laßt, sag ich, laßt. War das so schlimm? Denn es gäbe gar nichts mehr Schönes, wenn die Worte nur explizit Waffen wären. "Spielzeug und Schmuck" -- das ist aber billig. Kurzsichtig. War ihre Zeit die einzige Zeit, wo es zu kämpfen gab? Nein, zu jeder Zeit sollte man kämpfen wollen. Und zu jeder Zeit sollte man auch gegen den Kampf schützen wollen.

Husserl an HvH

"Only one thing remains: to clarify, in a pure intuiting (in a pure intuiting analysis and abstraction), the meaning which is immanent in the pure phenomena, without ever going beyond them, i.e. without presupposing any transcendent existences that are intended in them; that is, to clarify what knowledge as such and known objectivity as such mean, and mean according to their immanent essence.  [...] and before I permit one particular kind of knowledge as valid, I perform my research in a purely intuiting (as if it were aesthetic) fashion [...]."

Mittwoch, 28. November 2012

Solitary wailing in the deserts of Toronto: Spadina Avenue,
When this mirror falls down, I will forget you

Montag, 26. November 2012

broken-winged and bearing no anger towards cold fate, fragility persists





Sonntag, 25. November 2012

Schienen

Von dem Schienengeschrei
hab ich oftmals geträumt
in der Stadt
Metall grüßt Metall
An meiner Wang liegt deine Wang
similia similibus curantur
Es ist aber dunkel und spät
ich seh nicht mal, was ich hinschreibe
Nur der Bleistift auf Papier rührend reizend:
ein viel leichteres verhallendes Widerhallen der Schienen

Montag, 12. November 2012

Zeig!

Wir sind deine Zeugung, und dennoch eine verdammt schlechte-herrliche, denn mit unserer hochmütigen Dehnung greifen wir tief in den Zweifel hinein und schreien den hohen Himmel an: Zeig!  Ein hohes A ist Alles: Wunder und Weh tut der Ton, der in der Kehle lange schläft und dann durchbricht mit reinstem, feurigem Klang, denn aus dem Gebot erhebt sich das Leiden der Welt, aus uns in die leere Tiefe des Himmels, dahinschwindend und unerhört.

Freitag, 9. November 2012

Spielzeuge

Was sind die unabdingbaren Dinge?

Dienstag, 6. November 2012

Marsyas visited today. The rumbling drums laughed across the land before he dug his way down. It's day time! he thought, and with that, the sun burned the aulos through. Beautiful world! cried the child of Justice. And with that Marsyas fell under the hands of the god. He sought to hold the torch, to bring it with him underneath, digging, his aulos now a shovel, his torch snuffed out, now left behind for another.

Samstag, 3. November 2012

Hannover im November

Ich wünschte, ich wäre auch da.

Donnerstag, 1. November 2012

"[...] etwas hinweggenommen gewesen wie die Feder einer verdorbenen Uhr"

Dienstag, 30. Oktober 2012

Montag, 29. Oktober 2012

χοή

Am Rand der Verzweiflung gab es ab und zu nur Pausen vom Atmen (denn neue Luft ist scharf, sie tut weh).

Warum denn?
Es ist dieselbe alte Geschichte, nicht?
dasselbe Gesicht, nur anders gestreift:
Hier sind die Falten tiefer als vorher.
Vielleicht gibt es kein Ende ihres Hineinfallens.
Warum der Körper --
dieser ständig sich ändernde Fluss,
blutrot oder grüngelbweiß --
sich innerlich zieht, und dann nach draußen dringend sich verdreht,
sich strengend hält,
wie die Schlange ihr Opfer, ihr selbst?
Dieselbe Geschichte, nur: nicht nur Gott sei unberechenbar -- mit seiner undurchdringlichen Infinitisimalrechnung -- sondern das Leben selbst,
das ständig versucht,
sich von innen heraus verrecken zu lassen.
Da sind die alten Zähren auch ein verbitterter Versuch,
das Innere zu verwandeln,
eine Libation,
ein Denkmal der Sintflut, wo des Schmerzens Horizont in sich aufbricht.

Montag, 22. Oktober 2012

Samstag, 20. Oktober 2012

Minerva, begeistre mich
Apollon, betreue mich
Denn: wo ist der Mond im grellen Himmel da?
Mein Knie, das linke, stürzt
ich sehne nach Haltung
und das Licht blendet mir den Weg nach oben.



Dienstag, 16. Oktober 2012

HvH an Andrian, 16. Jänner 1903

"[...] der starke Reiz für mich ist, vergangene Zeiten nicht ganz tot sein zu lassen, oder fernes Fremdes als nah verwandt spüren zu machen"

Mittwoch, 10. Oktober 2012

retour à sartre

Les poètes sont des hommes qui refusent d'utiliser le langage.

Donnerstag, 4. Oktober 2012

Woodhouse Lane

Draußen vor dem  Haupteingang des etwa hundertzwangzigjährigen Gebäudes ist im Warten etwas verlorengegangen, indem etwas auch gegeben wurde. Die Luft sprach und machte Gesten in ihrer typisch mystischen Manier: Die Bedingungen dieser sonderbaren Vereinbarung seien diese: Der Mensch darf staunen -- über das goldene Licht der Bäume, das Rot der Backsteine, den Efeu und den Rauch der nicht ganz ausgemachten Zigarette im Aschenbecher (denn nichts ist vollständig, sagte die sich wandelnde Luft, der Wind, aus der Heidenlandschaft rufend). Der Mensch darf sich eintauchen lassen für diesen sprichwörtlichen, berühmten Augenblick. Mystisch? Besser: Unerheblich.

Der Mensch darf staunen. Dafür muss er ein Stück seines Daseins zurücklassen wie die Asche. Er war sowieso nie ganz da. Dieser Austausch ist gerecht. Dieses Hinterlassen war immer schon tätig, nur nicht genau angegeben, nur nicht bewusst gegeben, willig geschickt, wie dieses Mal.

Nach Jahren zurückzukehren, um dieses Stück wieder entdecken zu können, wäre vorher ausgeschlossen. Es war eigentlich nie da, es wurde sofort von der Heidelandschaft zerstreut.

Freitag, 28. September 2012

crise de vers

Why was there (is there) a crisis of language?

When I was seventeen or so I picked up a book at the recommendation of someone I hardly knew, whose sources guided him to link the title with my name. For whatever reason.

The book, The Man Without Qualities, would remain undoing and retying knots underneath, just beyond my perceived activities, and for several years. Language, private designations, secret names with allusive and elusive meanings. (And I'd always looked for meanings, arbitrary and unrelated though they might be, in names, simply for the fun of it!: hillside lake or little hawk or driftwood, defender of men, fortification; did I identify with these? I rather saw the names fabricating a fiction somewhat more stable than the one I inhabited, or the one I'd hoped to see play out.)

And here the break with causality seemed meaningful; my story did not bloom out of the sand like that lily did one day in summer, as if sent; the connection I sensed or imagined quickly fell apart; and what I thought to be a human representation of causality revealed the absence of causality (at least from an empirical point of view). How disappointing. In that storm, no rainbow came to be, and no bridge shone above the scattered and abandoned details of a story. Giant, sad, broken branches, power outages, and wet clogs were all.

The book brought these plays and puns to me again: seriously, but with the reflective and amused tone of someone come to terms with the distance, of someone reconciled to the impossibilities of full reconciliation, to the fallacy of the rainbow.
Nietzsche everywhere took the theoretical lead (Hofmannsthal too, I'd later learn), and the Rausch, the rush, worked its way in not only in the explicit scenes of music and creativity (Clara and Walter -- Clara, anything but clear; and Walter capable of commanding nothing at all) -- but in the very twisting of those split trajectories, the halved human beings; twisted, tied, woven, ein alter Tibetteppich, creation. These threads -- of all colours! -- vibrated, and tones sounded louder than thunder, maschentausendabertausendweit.

Perhaps because it was in these books, and in Faust too, in Studierzimmer I, where the confrontation with language became so tense and twisted with self-awareness, irony, and amor fati -- perhaps it is because of these books that I came to study German. This Zweifel, this doubt through infinitely splitting dualities of existence and twisting again into meaning-formation (again, the ἀναστόμωσις) grew through me like a splaying, supplicating tree of life trying to reconnect, to hold itself together. It seems to be something I was sent into, without reason, but with skill (geschickt), Schicksal. Kein Wunder, dass ich nicht selten die Worte schneller auf Deutsch (er)finde, ihre Zerbrechlichkeit spüre, wie meine eigene Hand. There --  that outgrowth of death, that Hofmannsthalian wie mein eigenes Haar, a line that will stay with me, probably, until my own hair has turned to ash.


Mittwoch, 26. September 2012

O sancta simplicitas! Oder: Vor dem Cafe in Kensington

Ich darf mich nicht bewegen. Sonst zerbricht die Welt. Ich seh die Stücke schon... die da vom letzten Male übrig sind. Und Sie sollen zuhören! Sie Unachtsame! Sehen Sie's nicht? Sind Sie blind? Wie schwer dieses Tüchlein, wie alt, wie schwer vom Überdruss und Blut, die es seit Jahren abgewischt hat! Das alles hält noch, da am Boden, vor den Füßen, nah an der Abgrundsritze, wo die anderen hinein- und hinuntergefallen sind. Sie sahen's auch nicht. Die zur Vergessenheit verdammten Esel!
Lassen Sie es nicht da bleiben, das Tüchlein da! Es darf nicht hineinfallen! Womit soll die Erde abgewischt werden? Die Erde mit ihrer Sünde... Nein, es darf nicht da bleiben und hineinfallen, bis er kommt. Er kommt von Süden, er lebt es, in der Straße rumzutanzen. Ich werde ihn begleiten, denn er hat mich eingeladen zum letzten Mal zum letzten Abendmahl. Zumal, daß ich ihn das Tüchlein gut aufbewahrt habe... Fleißig aufbewahrt und trotzig (bei Bedarf, natürlich).
Nur muss ich jetzt, bevor ich weggehe --- lassen Sie mich doch! --- diese Fliege, diese verdammte Fliege! töten! Die ist der Teufel. Die ist überall und will nicht weg, ist sicher ein tötendes, mörderisches Tier.
Lassen Sie mich! Ich will Sie retten! Verstehen Sie das nicht? Ich will Sie retten und dann spazieren und tanzen gehen, mit ihm, nur dass die Welt sicher zerbrechen könnte -- das hält mich auf.

Mittwoch, 12. September 2012

PC & CB


ICH TRINK WEIN aus zwei Gläsern
und zackere an
der Königszäsur
wie Jener
am Pindar,
Gott gibt die Stimmgabel ab
als einer der kleinen
Gerechten,
aus der Lostrommel fällt
unser Deut. 
---
Weil ich auch manchmal aus zwei Gläsern trinke, manchmal unabsichtlich, manchmal bin ich nicht dasjenige ich, das trinkt, sondern das zweite ich am Rand, das ich betrachte und das von anderen betrachtet wird, gefangen in dem Schauen-Spiel und immer wollend, hindeutend, versprechend. Aber immer unvollendet auch. Je cherche (peut-être) l'âme du vin, dans deux verres, l'âme qui chante vers moi, comme Baudelaire lui même chante sur cette fraternité.

Dienstag, 11. September 2012

My grandfather writes letters with a careful hand. His words are simple, chosen, traced with care, as if they had grown out of his long organist's fingers, which I have not seen in some time, and which I imagine may strangely resemble those of Daphne, just at the moment she stretches into her new form, escaping. He has always seemed to hear the whispers of the trees, being their confrère, prepared to join them.

in ramos bracchia crescunt
pes modo tam velox pigris radicibus haeret


Sonntag, 2. September 2012

a delicate balance






I lived here, in this city, yes, of course. But I lived here in the mornings and the evenings mostly, in the cold air and infamous dampness that held the fallen leaves in their place on the path. And these trees stood and greeted me every morning, differently every time, were my daily salvation, these trees and the moss on the stone walls caught by the sun.


Donnerstag, 30. August 2012

Montag, 27. August 2012

those heavy hands from Callais pull at the chain so rarefied it can't be seen directly
it slips through endlessly
and weaves itself into the evening light
red gold

the agony of polemics

Die Vorübergehenden schwiegen im Stehen, plötzlich -- das Urwort -- wie erstarrte Dinge, die zu Kenntnis genommen werden. Die Verbindungslinie -- gleich null. Ein unsichtbares Ziehen vereinte sie alle und die Kraft des Weggeworfenen, die alle vergessen wollen, enthüllte ein grausames Bild. Sie bliebe stehen, sie wollten wegfliegen, vorüber. Dorthin, wo das Ziehen sie nicht erreichen könnte, wo die Ziehlinie selbst sich schneiden würde. Gezogen, sie wollten, und wurden dadurch, jeder Einzelne, entzweit.

Mittwoch, 22. August 2012

Weil

Mais les paroles raisonnables tombent dans le vide.

Montag, 20. August 2012

Note to self:

Sloterdijk on Zorn vs. Weil on la Force.  I feel like this would be an interesting conversation.

Freitag, 17. August 2012

Du bist dein eigener Prophet, aber dafür verstehst du nicht, was du prophezeist.

Donnerstag, 26. Juli 2012

berlin 21 july

This chilly July air carries with it the memory of snow -- in spite of the sun you know will shine; it is harboured here. In the morning.
Maybe the snow will come after all and these hands will have a reason for being cold.

Dienstag, 10. Juli 2012

Ich liebe diese Regenschleier, fast durchsichtig und grau, die die Abendsonne leicht verhüllen und dann wieder erscheinen lassen.
Und die Sonne ist mit dem ganzen Schauspiel unberührt zufrieden.
What holy indifference, that can break the coloured glass of a kaleidoscope into invisible slivers and itself never be pierced.

Sonntag, 8. Juli 2012

Mitte

Du saßest da mit deinem dir angewachsenen Alles-oder-Nichts-Blick, mit deinem Kuchen, und aßest. Mittelmäßig warst du ja nie: das könntest du nicht leiden. Und sie war aber das Gegenteil. Während du in deinem Altus (man bräuchte den lateinischen Ausdruck um beides -- die Tiefe und die Höhe -- umfangen zu können) nur das Teuflische oder das Engelhafte in den Menschen sah, sah sie immer das Leiden vielen anderen. Ihrer Auffassung nach war es anders. Du sahst Zeichen, wo sie unendliche Symbole sah. Du warst immer am Rand des Wahns oder des kalten Denkens, und sie war in der Mitte verloren. Nicht der Mitte des modernen Menschen, und auch nicht der goldenen Mitte, sondern einer verschobenen, einer, die Extremen in sich sammelt -- aber sie zeigen? Unmöglich. Nur ahnen lassen, nur hindeuten, aber dadurch konnte sie einiges über dich verstehen: dein Zorn, dein gerechter Ärger, deine Trauer, dein Stolz sind aus dieser Perspektive, von der verschobenen Mitte aus, schön. 

Und in der Mitte ihres Daseins war das Beben unsicher und klein, auch langsam beklemmend, wenn in deiner Nähe.   

Und sie drehte sich zur Wand und fragte: "In dem einen Stein, da, wo es gekracht ist, sieht man auch die Spuren eines Meißels. Wer von uns würde davon nicht überzeugt werden, dass diese Geschichte noch geschieht?" Aber für dich war es längst vorbei. Durch die Wände gehen hieße Zeit überschreiten. Während du da saßest -- mit dem Kuchen und deinem entschlossenen Gesicht -- war sie schon in den blauen Schatten des gläsernen Fensters am Boden hineingefallen. 

Samstag, 7. Juli 2012

In a personal game of divination, I opened the book to a random page and read:

"Allgemeiner Niedergang. Seitdem das Synedrium aufgehört hat zu existieren, hat auch der Gesang in den Hochzeitshäusern aufgehört, wie es heißt: Nicht mehr trinkt man Wein mit Gesang."

When the Sanhedron ceased to be, so too did song cease in the places of celebration [Hochzeit: 'wedding' in modern German; A. Cohen, translating from the Hebrew, has 'feasting'], as it is said: No longer shall wine be drunk with song.

I dwell on the words: "Niedergang" --"Gesang" -- "Hochzeit" -- "Wein" -- "Gesang" again. They held me -- standing there at the 1€-book stack -- like the impressionistic words of poets and prophets. (Do the passersby see that there's a change in me?) I thought of Baudelaire, whose poems I finally bought yesterday. Un soir, l'âme du vin chantait dans les bouteilles: ... And I had just been having lunch with my choir director and his wife, enjoying the wine and speaking about the decline of -- well, it doesn't matter -- before he had to go play the organ at a wedding.

Our concert is tomorrow. We will be singing synagogue music, so little of which has survived.

These words are found in the Mishnah: of course the word itself -- משנה -- means "repetition".  It's from the Mishnah Sotah IX, on adultery. I'm planning to attend a play this week -- Schnitzler's Anatol -- wherein the question of fidelity is posed. Hofmannsthal wrote the foreword. Last week I bought two books by Hofmannsthal from this very box of books where today the Babylonian Talmud stood out to me.

Dienstag, 3. Juli 2012

Sibylle Bergemann




(Motifs from a lasting childhood)

Montag, 2. Juli 2012

wobei

Dieses einst gesprochene Wort fliegt,
ein gezielter Jambus,
zweitönig,
und ich muss nachdenken:
haben wir den ganzen Sinn des Metrum missverstanden?

Die Glocken läuten jetzt, bis zum zehnten Schlag;
die zwei Töne lauschen nun dem Monoton;
der zweite Ton zwar länger
(also, 'schwerer' -- das ist falsch),
steigt jetzt auf,
wie ein Kind
im Aufschwung, deren Schaukel knarrt,
denn das Holz ist alt.

Certain things in life will probably never make sense to me

1. unprovoked and unconnected comments to youtube videos
2. the established but highly problematic translation of "Anschauung" in English as "intuition" (could someone explain this to me?)
3. scholarly papers, particularly those which deal with or at least reference 'logic', peppered with misplaced and dangling modifiers

Freitag, 29. Juni 2012

Proust

"Une heure n'est pas qu'une heure, c'est un vase rempli de parfums, de sons, de projets et de climats. Ce que nous  appelons la réalité est un certain rapport entre ces sensations et ces souvenirs qui nous entourent simultanément -- rapport que supprime une simple vision cinématographique, laquelle s'éloigne par là d'autant plus du vrai qu'elle prétend se borner à lui -- rapport unique que l'écrivain doit retrouver pour en enchaîner à jamais dans sa phrase les deux termes différents."
La Temps retrouvé

Dienstag, 26. Juni 2012

Stolpersteine

Sie, mein Herr, haben mich angeraten: ich solle mich auf diesen jetzigen Schritt konzentrieren. Das war zwar guter Rat im Allgemeinen, aber Sie waren nie in dieser Stadt, und Folgendes hätten Sie nicht erraten können: Seitdem ich hier bin, gibt es Stolpersteine. Namen, die ihr gemeinsames Schicksal aufwerfen, am Erdboden, wo ihre Asche nach langem Heimatsuchen mit Staub und Erde  sich vermischten. Und wenn die Namen unbekannt sind, gibt es einen surnom (c'est nécessaire: sauf le nom!), und dieser Name ist der schwerste Name: "Hier wohnte: Ein Mensch." Kein Engel, kein Teufel, und bloß kein Gott, kein Sonnen- oder Mondschein war das -- nur ein unbekannter Mensch, ein Abgrund, wie jeder andere. Ein Mensch, der nicht als Mensch erkannt wurde; der wurde zu einer leeren unauffälligen Urne, irgendwo in einer verstaubten Vitrine seit Jahrhunderten versteckt, des Komforts halber. Sonst sind wir auf einmal wie ein verkehrter Narziss, der sich ergriffen beugt: Schrecken vor dem eigenen Spiegelbild zu unseren Füßen durchbohrt uns durch die wehrlosen Zehen und ein Gefühl vom Rauch haucht in uns ein. Aber diejenige, die lieber den Rauch nicht merken wollen, schauen weg; nie trifft man ihren Blick, und die einst schönen Augen werden ihrer Kraft beraubt.

Ein Gleiches: Zweiter Teil

Ja, wir sind gleich.
Ja, ich bin Jüdin, Griechin,
Taoistin, Mörderin zugleich.
Nur das Erblicken eines langen dunklen Flurs macht den Unterschied.
Nur der erträglich flüchtige, nächtliche Atemstillstand gibt den Ausschlag.
Einst konnte ich nur vor Schönheit weinen.
Die Schönheit hat sich aber weiter in die Welt verschüttet,
kristallklarer kalter Weißwein aus dem Donauraum.
Nur, die Worte, die uns wie Wolkendunst bedecken,
werden vor dem Schönen, vor dem Leid sich lichten,
werden schwach, schüchtern
und stumm.
Nämlich:
Vor all dem, was man als groß betrachtet,
vor allem vor der Existenz,
wenn sie etwa als unendlich leerer Flur erscheint.

Sonntag, 24. Juni 2012

Ikko Narahara




Domains. Garden of Silence. 1958.

Freitag, 22. Juni 2012

Ein Gleiches

Ein Schritt zurück:
Du beugst dich leicht
vom Mund ein Wort, ein Spruch, ein Reim
die Augen, nun:
Sie gleichen ausgebleichten
Orakelknochen --
fragmentarisch, unpassend, entlassen
mein Ebenbild
nur
du scheinst anders
dein Licht ist duftiger
und Leute sehen nicht,
wir sind ja gleich

Mittwoch, 20. Juni 2012

My work is in the hands of God

"In the event of any disruptions that is a 'force majeure' (any of the following:  an act of God, fire, governmental order, court order, civil disturbance, act of public enemy, embargo, war, work stoppage or labour dispute) in the academic activity at either institution, the student's study will revert to the other." (Emphasis mine)


Legal agreements can have some awfully strange rhetoric.

Montag, 18. Juni 2012

Harry Callahan, Providence circa 1960s


This, perhaps more than any other photograph in the book on Harry Callahan I found, caught my eye. For whatever reason, I couldn't find this photo on the internet so resorted to taking a photo of it myself, and laughed a little at the multiple levels of ghostliness that inevitably ensue in such an act, with such an image (no copyright infringement intended!). But the original copy is much better than my copy of the copy, I can assure you. Although there is something about the unavoidable curvature of the page -- I tried to hold it down with a heavy crystal salt lamp and other sundry things, but in the end decided the objective flatness I was going for was as elusive as the 'object' of this photograph, just a little more mundane and less disclosing in the Heideggerian sense (this mere technical difficulty did not manifest itself as the aletheic work of art, which I am here trying(!) to depict).  And so here it is, a little off, a little incorrect, a little skewed and yet the point, the freedom of the object (dare I use such words?) still hovers somewhere in that bermuda triangle of the observer, the work, and its unfathomable Ursprung.

Why does a work like this strike us (me)? I can't answer for the rest, and yet there's something Kantian in my thinking too, that there is at least a potential for everyone else to see something I see -- not as I see it, of course. But that there will be a draw for everyone in such a piece. That I am not without reference to you. (Yes, this is all about me in a way: do I cling to this old ideal too?)

Now, I have an inclination to such objects, whatever the medium. I return to the idea of the ghost almost every day, as a preoccupation, never something I would be able to address directly -- a bit like the idea of the self or ego -- or talk about logically (don't such tenuous, in-between things resist logic?).  But they never leave me, as if I belong to them, as if I am a member of this group, a bit like Malte:


Es sind Abfälle, Schalen von Menschen, die das Schicksal ausgespieen hat. Feucht vom Speichel des Schicksals kleben sie an einer Mauer, an einer Laterne, an einer Plakatsäule, oder sie rinnen langsam die Gasse herunter mit einer dunklen, schmutzigen Spur hinter sich her. Was in aller Welt wollte diese Alte von mir, die, mit einer Nachttischschublade, in der einige Knöpfe und Nadeln herumrollten, aus irgendeinem Loch herausgekrochen war? Weshalb ging sie immer neben mir und beobachtete mich? Als ob sie versuchte, mich zu erkennen mit ihren Triefaugen, die aussahen, als hätte ihr ein Kranker grünen Schleim in die blutigen Lider gespuckt. Und wie kam damals jene graue, kleine Frau dazu, eine Viertelstunde lang vor einem Schaufenster an meiner Seite zu stehen, während sie mir einen alten, langen Bleistift zeigte, der unendlich langsam aus ihren schlechten, geschlossenen Händen sich herausschob. Ich tat, als betrachtete ich die ausgelegten Sachen und merkte nichts. Sie aber wußte, daß ich sie gesehen hatte, sie wußte, daß ich stand und nachdachte, was sie eigentlich täte. Denn daß es sich nicht um den Bleistift handeln konnte, begriff ich wohl: ich fühlte, daß das ein Zeichen war, ein Zeichen für Eingeweihte, ein Zeichen, das die Fortgeworfenen kennen; ich ahnte, sie bedeutete mir, ich müßte irgendwohin kommen oder etwas tun. Und das Seltsamste war, daß ich immerfort das Gefühl nicht los wurde, es bestünde tatsächlich eine gewisse Verabredung, zu der dieses Zeichen gehörte, und diese Szene wäre im Grunde etwas, was ich hätte erwarten müssen.


And already I've skirted around what I wanted to say -- but that's impossible anyway.

The image is familiar. At whom are we looking, precisely? This figure in the centre is inseparable from the others, is a ghost who wanders among the other ghosts. And we -- we are deceived if we think we can follow the one in isolation; we must recognise the reference to the others.

Dienstag, 12. Juni 2012

Büchner.

Where one word stands out above the rest: Wirkung. It is everywhere, like the Urgesetz (Beauty) he speaks of, active in every Satzglied, in every clause -- even sentences have 'members', like bodies, that work together and interact (aufeinander- und zusammenwirken) harmoniously (that is key!). A sentence is a translation of the physical, then. Or rather, when written, when spoken, into the physical, it is worked in.  It refers back to and comes out of it,  -- ἀναστόμωσις, like the delta of a river whose branches curl out and curve back in upon themselves, crooked but majestic. Structure, organisation, organs. Am I simply reading/writing Büchner as a Heideggerian? I cannot yet see the organisation of these thoughts. 


Translation is really (wirklich!) tortuous work.

Montag, 11. Juni 2012

Sonntag, 10. Juni 2012

perpetuum mobile

Stand still, you ever-moving spheres of heaven,
That time may cease, and midnight never come;
Fair Nature's eye, rise, rise again, and make
Perpetual day; or let this hour be but
A year, a month, a week, a natural day,
That Faustus may repent and save his soul!
O lente, lente currite, noctis equi!
The stars move still, time runs, the clock will strike,
The devil will come, and Faustus must be damn'd.

[...]

O soul, be chang'd into little water-drops,
And fall into the ocean, ne'er be found!

remarkable.

The Bubble, by Clarence H. White
or J.R. Witzel?

three points in Hildesheim


On doit toujours photographier avec le plus grand respect pour le sujet et soimême -- Cartier-Bresson






Sois présent, sois toi. Tu es ici. Les objets sont ici. Ils sont pour toi seul, car tu les vois. 
-- Proverbe lamaïste du Tibet


And in the background, unheard, the lightest tones of Franz Liszt's Via Crucis,  Jesus fällt zum ersten Mal, for instance... the second section, response.

Brief an einen jungen Leidenden

Mein junger Mann -- ich möchte dich so nennen, nicht weil du alt genug bist, nicht weil du alles als vernünftiger, mündiger Mensch behandelst, nicht weil du mit deinen 11 Jahren schon rauchst, sondern weil du in diesen Jahren deines Lebens viel zu tragen hast. Dein Anblick ist mir gleichzeitig erfrischend-- denn wer außer Kindern und Junggebliebenen hat solche ungewollte Offenheit? -- und furchtbar. Dein Gesicht scheint nicht mit dem hellen Licht eines jungen Abenteurers, deine natürlich dunkle Haut ist unnatürlich fahler geworden, deine Gesichtszüge auch kantiger, aber die Müdigkeit verleiht ihnen nur milde Kraftlosigkeit. Die Falten deiner Zukunft sind in deinem Gesicht zu lesen.

Wie viel von deiner Situation kannst du begreifen? Als ich ungefähr in deinem Alter war, war der Moment des Schocks sofort vorbei, schon weg, als ich zu mir gekommen war. Was ich zu tragen hatte, war rein Vergangenes, Überbleibsel einer Tragödie, die nicht meine war, das Nichtmehrpassieren, die Leere. Dadurch entstand vielleicht auch bei mir einige frühzeitige unsichtbare Narben, die aber nur ein Gespenst von Schmerzen ausstrahlen. Aber dein Unglück ist anschaulich. Und wäre es mir erlaubt, würde ich eine Aufnahme von dieser Anschaulichkeit machen. Deins aber, dein Leiden wandelt, lässt sich nur manchmal hervortreten. Es ergreift dich mit allen Fingern, indem du denkst, du kannst nichts tun, außer weglaufen, rauchen, schreien, klauen, um deine verfrühte Sucht zu hegen. Es droht dir, es wird deine Hände brechen. Nein, ich kann dich nicht tadeln. Denn auch indem du all dies begehst, gibst du auch anderen zu bedenken: Warum? und wie zu ändern? Und -- ja, der Mensch, von dem du klaust, freut sich über dein Besuch weiß auch vielleicht nichts von deiner Handlung, wäre auch bereit, dir alles zu geben, denn deine Anwesenheit ist ihm das Wichtige, deine Anerkennung, deine Hilfe und dein ihm ähnelndes Gesicht.

Und du bist eine Herausforderung, und ich soll mich bei dir bedanken. Du stehst uns gegenüber und wir wissen nicht, was wir tun sollen, einem Menschen überhaupt zu begegnen, gar zu helfen, wenn wir in diesem Zustand sind. Wie weiter zu verfahren?  Dein Gesicht sagt uns -- ihr könnt mir nicht helfen. Ihr seid kraftlos. Ihr seid nichts, dieser Macht der Tatsache gegenüber.

Und was sagt dir denn mein Gesicht, würde ich gern wissen, rein aus egoistischen Gründen. Ich würde gern wissen, ob das, was dein Gesicht sagt, mit deinem Sehen übereinstimmt. Auch ich verlange manchmal Validierung. Ich möchte denken, ich habe doch einen Einfluss auf dein Leben, auch wenn meine Worte von dir schon längst, seit grauer Vorzeit, verlacht, verhöhnt, verspeit sind.

Mein junger Mann, sagt die tatsächlich noch relativ junge Dame, was könnte ich tun? Möchtest du weiter so verfahren? Ist es schon zu spät, so früh?

Samstag, 9. Juni 2012

Festung

Worte, die am Ende auch gegen uns gerichtet werden,
haben wir seit Langem und öfters gehört.
Phrasen, herausgepickt ad libitum -- nie waren sie frei gegeben --
Sklaven der Sprache, des Menschen von Anfang an.

Mit diesem Kreis wird ein Verhängnis beschrieben:
Undurchdringliche, prachtvolle Festung
aus Zahlen, Worten, entseelten Namen gebaut,
und am Tor hängt die Warnung -- schräg, allerdings.


Sonntag, 3. Juni 2012

Schuld

Nicht bindend, nicht dadurch verursacht, nur im Zimmer nebenan, sozusagen. Das Gefühl des Todes des Andern war schlimm, allerhöchstens in Träumen zu spüren, die Selbstvernichtung noch unerträglicher, unergründlicher, und das Perfektseinwollen scheint knallhart grell hervor im kleinsten Detail, Gottes Sitz überwunden. Der neue Luzifer sagt: unsre Schuld ist, dass wir den Gott erschaffen haben! Es ist eine Schuld uns gegenüber! Und der Mensch sei ein produktiv gewordener Fehler.

Montag, 28. Mai 2012

like a spirit in the hallway, to disappear, be swept into the dance of this unlit chandelier... a flurry of voices behind doors on either side, where masks are displayed and imitations abound, some more cunning than others, some more precise, some threateningly individual and for that reason -- if only for that reason -- almost not at all, almost here in this empty hall too, almost also swept away by the consolation of distance, its promise of memory.

Donnerstag, 24. Mai 2012

zugunfähig




Rückfahrt nach drei Jahren
die Blumen werden nicht mehr da sein, natürlich
sie waren auch nie meine
das Kind, irgendwo, etwas größer geworden
jeder Tritt unrückführbar
nur der verhallene Rhythmus, vielleicht, 
im Glas geprägt 

Dienstag, 22. Mai 2012

Nicht mehr viel Zeit

mit diesen willkürlichen Gegenständen und Innenräumen.





Verweilet doch

Verweilet doch, meine lieben Gedanken, ihr seid in diesem Moment ja doch so schön.
Auf dem Bierdeckel geschriebene Gedanken, auf der Geschäftskarte einer Frau aus Japan. Mit Blumen am Rand des Flusses -- haltet euch fest! Per aspera ad astra! Aber nein, euer Geist hat sich schon freundlicherweise verabschiedet. Das Verweilen, von unbestimmter Dauer, von Weinglasdauer, schimmernd mit Smaragdfedern der jungen Wildenten. Bald hohl, oder, was noch schlimmer ist, bald aus Stein. Tatsächlich. Verblüffter Stein. Ihre Schädel aus Lehm. Und wenn die Gedanken dann auch aus Stein wären? Durch die Steine bis zu den Sternen.

Mittwoch, 16. Mai 2012

Der Himmel hält die Welt, sozusagen. Aber das nur vorläufig.

Samstag, 12. Mai 2012



If I had a year off I would travel around eastern Germany and take photos of all the old/former train stations I could find.
Das Glühen der Rapsblüten am Rand der Wolkenschatten. Sanfte Übergänge ins Dunkelgoldgrün.

Da im Fenster erscheint unser Spiegelbild, länglich halb entfremdend. Fahle durchsichtige Gäste sind unsre Gesichter, Geister über dem Rapsfeld schwebend.
hear it in my spirit

Dienstag, 8. Mai 2012

Der Briefträger geht mit seiner roten Tüte. Briefe sind drin. Eingepackte Botschaften. Möglicherweise. Aussterbende Gebräuche.
Der Mann stand mitten in der Straße. Er nickte wiederholend mit dem Kopf und nach dreißig Sekunden sprach er unverständlich irgendetwas vor sich hin. Er stand in dieser Welt allein, aber in seiner hatte er Zuhörer, die ihn verstanden -- nein, so was kann ich nicht behaupten. Sah er mich als ich an ihm vorbeiging? Sah er die Gruppe Jungen, die so laut da schrieen? Was sah er noch?
Die Spaltung zwischen uns war unüberschreitbar, aber wird es immer so sein?

Samstag, 5. Mai 2012

Die Kanäle umfassen das reglose, stumme Wasser.
Darauf spielen Kinder und wissen nicht, dass der Stein, worauf sie spielen, eine bändigende Macht über ihre wässrige Spiegelbilder ausübt.
In this house, where being kind is cruel, the halls remain empty. On the street, where being curtly kind is expected, our glances trace the cracks in the pavement silently until someone signals: 'hello'. It is sudden, sad, and for all the nothingness of history, it seems nonetheless to conjure two versions of an at best imagined story. An inhumane shyness shines from eyes, still, and I fear the day it strikes out.


Dienstag, 24. April 2012

au Vuillard

Das Intime in der Kunst:
Wo die schöne Tapete und das Kleid
sich gegen das Gesicht verschwören.
Nicht  die Möbel, nicht die Tasse Kaffee,
nicht die graziösen Bewegungen eines Tänzers werden ins Licht geworfen,
sondern das wehrlose Gesicht,
oder die müßigen Hände,
die vielleicht einmal tätig waren
und jetzt entweder absichtslos auf dem Sessel rühren
oder gelähmt und farblos ruhen.


Eine hohe Kunst ist es:
Spurlos verschwinden zu können.
Und ich denk an die zusammenstoßenden Muster
in der alten Wohnung in Petersburg
und an die blutleeren Hände,
die so herausragten,
und das ganze fließende Meer dann störten.
Ich warte, bis die Muster
sich an dem Gesicht und an den Händen rächen,
und glaube (nur kurz),
ein heiliges Antlitz im Irrgarten der Farben und Linien gefangen zu sehen.

Samstag, 21. April 2012

Before Aeschylus and After Auschwitz

"Why is it that we end up talking about our writing more than we write?" she asked through a cut lip. The cup she was holding was chipped slightly on the edge and the white exposed ceramic was stained lightly with blood. She refused to throw this cup away, considering it to be a 'memento of carelessness'. "Why buy new and nice things only to have them broken by others?" she asked once. She took a sip from the other side of the cup and looked at her listener as if this were all part of a ritual, at once absurd and meaningful. Every movement was ritual, every act aside from the biologically necessary (or at least that which has been 'proven' to be), was religious in the sense that it involved a leap of logic and faith. Why write at all? Yet even the monologue has held its ground and will not leave. It's folded in on itself like a vaulted ceiling in a temple in the sky.
The trees seemed to breathe, slowly and rhythmically. She looked up as if to speak to the branches, then returned her gaze to her listener and waited.

Donnerstag, 19. April 2012

"Oh boy": we heard the familiar voice, a refrain, not so much a complaint with a specific object, except that, perhaps in that moment, the sugar was all that mattered. "Oh boy, oooh boy". the Ohs grew longer and more desperate. People began to stare. They said nothing.

"Can you spare a nickel or a penny or a quarter or a dime or a dollar?" An auctioneer somewhere on Bloor Street, usually in Koreatown. He never looks you straight in the eye and his posture belies uncertainty. Perhaps he's not called to this. Perhaps he's not an auctioneer, he wonders as the people pass him.

This woman sings, always in Italian. She has not washed in days, though her dress shows signs of an aspired-for glory and glamour. She is a reincarnation of Maria D'Avalos. She drinks her coffee and for a moment seems to be in Toronto rather than Venosa. Maybe she is lost or dead.

Disjecta membra: "Spare change? Spare change? Spare change?" Incessantly, persistently. No legs. Occasional disjointed remarks: "Happy holidays!" in the winter. "Watch out while crossing the street" at other times of the year, should you say hello or otherwise acknowledge her. She smiles beautifully through her corner of Bathurst and Bloor face. She spends most of her life on this square metre. Most feel weighted down by her persistence, her routine.

So comfortable in these repetitions -- they all are. And yet when we see them we shudder a little without always knowing it.  A nervousness and mildly obsessive-compulsive quality under the surface lurks beneath for all of us, it is common property, and when we trip over the same step again, or worse, over another step in the same manner, we know that our stumbling is the constant, the repetition. Do we step out of it ever? Ah, but that's precisely where we always stumble!

Samstag, 14. April 2012

3 years ago, for memories' sake and old ghosts

Youtube must have some crazy algorithms.
It was three years ago today i saw Matt Eliott play, supported by Benjamin Wetherill (the artist I was there to see, really). They decided to recommend his "Something about Ghosts" to me today.

Ghosts everywhere. Over the top. Fits the song, actually. To my surprise at the time, the lesser-known supporting group 7 Hertz I found to be the most impressive, overturning all my musical expectations for that evening: Wisniowka

BW was still in good form but was trying out the new direction. He smoked the same B&H cigarette I used to smoke.
I miss that older incarnation, actually: how lonely the moon


Ghosts still here, 4 -- not just 3 -- years later, in fact.

Freitag, 13. April 2012

Medusas Albtraum

Wie zu überwinden: die Angst,
sehend -- anschauend -- betrachtend
gesehen zu werden.
So viel wollte sie beschreiben,
als ob diese Momente und Geschichten beschreibenswert wären.
Und das sind sie.
Oder fotografierbar!
und das sind sie.
Aber die Angst,
gesehen zu werden
konnte sie nicht wegtreiben,
hat sie stattdessen weggetrieben.
Augen runterschauend
vor den Füßen, zu Boden gerichtet,
wie ein Urteil.
Die Füßen spüren nichts. Ungefährlich.
Zur Sicherheit aber wanderte sie den Blick
noch einmal, und noch einmal,
ständig weg, ständig weg vom Ziel.
Die Frau mit den langen Haaren
und dem Mitleid erregenden Blick,
die am Boden kauernd saß...
Angst vor dem Mitleid?
Nein. Angst, diese Leiden auszunützen
und dadurch zerstören.
Sind sie nicht heilig?
Was ist heilig?
Medusas Albtraum.

===

lass die heiligen Töne gehört, gekannt werden!
woher dieser Antrieb?
Sie -- sie sind irgendwo,
oder nur in der Luft?
Ich bilde mir ein, ich höre das Wort: "Vienna"

Statt Furcht
hat man Angst vor dem Heiligen

Überfluss! ist jeder Fluss

Zum Gedenken an Strauss/HvH


Mittwoch, 11. April 2012

not root

At certain moments, carefully isolated like jewels in their settings, this city is mysteriously unifying: an image one had as a child, with a future seen and a past intuited in the sand, which one fancied, feared and was happy not to be a part of, in spite of its allure -- but here it is, encased.

No, this is neither New York nor Chicago, though I've often wanted to make the comparison with the latter. It is a strange amalgamation and I almost feel a loyalty precisely to this, to this magpie-city and its stranger-dwellers, whose ritualistic gestures I need not understand nor recognise (yes, they might as well be birds!). And for me, too, the glass-topped tables at this cafe speak softly, shuddering subtly at the sound waves given off from the music of the first half of the twentieth century. Let me sit here a while, please.

Well, but then Rousseau:
"That is how the figurative word is born before the literal word, when our gaze is held in passionate fascination; and how it is that the first idea it conveys to us is not that of truth."

---
I still feel a sharp, if short, pain at the sight of a dead bird.

But thank you -- for 13 years of colour and sound:




Dienstag, 10. April 2012

Yehuda Amichai

        The great prophets threw out half their prophecies
        like the half-smoked cigarette butts of a nervous smoker.
        I pick them up and roll myself some poor prophecies.



My great grandfather greets me in these lines.

Dienstag, 27. März 2012

Montag, 26. März 2012

Aufhebung

Der Junge, der überlebt, mitten im Geröll steht --
hat er sein Publikum?
Seine staubbedeckten Augenwimpern fallen schwer.
Leicht!
waren sie irgendwann,
dann kam die Aschenflut.
Er sang,
und mit einem Ton,
dem Mittleren,
nein!
Es war zwischen den Tönen --
als er einatmete, als er nur kurz das Leben innehielt --
da fielen die Blätter, verbrannt und scheinbar endlos nieder.
Seine Hände aufgehoben -- er gab sich hin
und schützte die Augen vor dem feurigen Blick.
Wer war es, der ihn hörte?
War es immer nur Staub und Asche?




Posted by Picasa

Sonntag, 25. März 2012

Samstag, 17. März 2012

Spaziergang

und wenn ich mich bewege
(auch vor dem Anfang war es so)
immer wieder wiederholend, das Meer,
A mari usque ad mare
schwankend und langsam.

der Kaffee: zu heiß
der Tag: zu kalt
schwankend und einsam
und wenn ich atmen muss,
was tue ich dann?

Respekt vor dem Termin
vor dem Ende,
Dieser Kopf im Fenster, ein Muster,
dunkel, anonym.

Nein, ich will nicht wissen
wieviel Uhr es ist.

Die Frau: entkräftet
und ewiglang und fein wie Wogen ausgebreitet, fast vorüber


Ein kleiner Stuhl am Eingang
Ein Ruheplatz für Aufgeopferte
Schweine vor Perlen
Dumm und weit, weit weg
die Blumen blühen tatsächlich:
das alljährliche Leitmotiv der Natur.
Es sei der Liebestod tausenden Momenten,
der spricht, die Töne von gestern, die Töne vom Fenster:
Die weiche, schwache Klarinette.

--Es ist so hell, zu hell, um träumen zu können.
--Ja?
--Sind meine Augen leer?
--Ich kann sie nicht mehr sehen.
(Ich kann das Meer nicht sehen.)

Und gleich neben uns, ein anderer Ton, passiert's.
Was?
Das wissen wir nicht genau, nur das Wesentliche.
Nur -- die Ambulanz ist da und schreit.

Um mich herum -- Sprachen
die ich nicht verstehe;
Das Mädchen mit winzig-kleinen Füßchen;
Die Frau, die sich so entwickelt hat.
Glücklich?
Nur -- die Schuhe sehen unbequem aus.